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ALP-IMP
Klimawandel Thematik
Abk.
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ALP-IMP
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Status
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abgeschlossen
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ZUSAMMENFASSUNG: Kurz zusammengefasst kann festgestellt werden:
- · ALP-IMP hat die seit den Arbeiten von Hubert Lamb und anderen Klassikern der Klimaschwankungsforschung in groben Strukturen postulierte Unterteilung des letzten Jahrtausends in eine „mittelalterliche Wärmeperiode“ (früher auch „Klimaoptimum“ genannt), eine darauf folgende „Kleine Eiszeit“ und eine „moderne Erwärmungsphase“ bestätigt.
- · diese Grobunterteilung wurde aber durch feinere räumliche und zeitliche Auflösung ergänzt, durch höhere Qualität der Daten abgesichert und durch ein tieferes Verständnis der physikalischen Ursachen und der internen und externen Antriebsmechanismen in der Modellregion Grosraum Alpen plausibel gemacht.
Ausgangssituation Trotz des hohen Forschungspotentials existierten vor Projektsbeginn markante Forschungsdefizite:
- · wenige Untersuchungen der gesamten Region durch die administrative und politische Zersplitterung des Alpenraums
- · eine nicht genügende Ausnützung des instrumentellen Datenpotentials im Hinblick auf adäquate räumliche Dichte und Länge der Zeitreihen speziell in der frühen instrumentellen Periode des 18. und beginnenden 19.Jahrhunderts
- · eine zu starke Konzentration auf eine einziges Klimaelement, die Temperatur
- · ein fast völliges Fehlen von wirklich integrativen Forschungsanstrengungen, die instrumentelle und Proxidaten sowie Modellergebnisse nutzen
Projektziele Das Hauptziel von ALP-IMP war eine Rekonstruktion der Klimavariabilität des Großraums Alpen (Greater Alpine Region – GAR) für die letzten 1000 Jahre. Das Zielgebiet (GAR) war mit 4-19°E und 43-49°N definiert und besitzt, ein bemerkenswertes Potential, noch vorhandene Wissenslücken zu füllen weil:
- · die Region einzigartigen Klimadaten besitzt, sowohl auf der Ebene der instrumentellen, als auch der von indirekten Klimadaten (Proxis) wie z.B. die im Projekt verwendeten Baumringe, Gletscher und Eisbohrkerne
- · die Region klimatologisch interessant ist, wegen der starken Geländegliederung, die eine große räumliche Variabilität erzeugt mit entsprechenden Anforderungen an statistische und an Modell- unterstützte Untersuchungen
- · die Alpen eine scharfe Klimagrenze darstellen zwischen drei Hauptklimazonen (atlantisch, kontinental, mediterran)
- · die Alpen auch ein sehr ausgeprägtes „vertikales Potential“ zur Untersuchung von bis zu 3.5 km der Troposphäre besitzen, im Fall der Bergobservatorien in „klimatischer Background-Lage“
- · die Region eine erhöhte Sensitivität für Klimawandel besitzt (ca. zweimal so stark wie im globale Mittel)
- · die Region auch sensitiv für Klimaauswirkungen ist (orographische Niederschlagsverstärkung mit Konsequenzen auch für Muren, Lawinen und Hochwasser, vertikale Pflanzenmigration, Wintertourismus u.a.m)
- · die Alpen mit ihren Gletschern perfekte Demonstrationsobjekte zur Visualisierung des Klimawandels besitzen
Ergebnisse
- Das Projekt hat die beschriebenen Defizite signifikant vermindert durch:
- · systematisches Sammeln, Ergänzen, Testen, Korrigieren, Homogenisieren und Verstehen der existierenden Klimainformationen der letzten 1000 Jahre aus dem Großraum Alpen innerhalb des Projekts
- · durch die Aufbereitung, Beschreibung und Bereitstellung der neuen Datensätze und der Untersuchungsergebnisse für die Öffentlichkeit und für die Scientific Community für weitere Klima- und Klimafolgenforschung in der Untersuchungsregion
Die Projektergebnisse wurden in einer strukturierten Vorgehensweise in drei Hauptteilen erzielt:
- · dem „data worktask“, der die Datensätze (instrumentell, proxi und Modellierung) erzeugt hat
- · dem „consistency worktask“, der die Datenevaluierung durchgeführt hat und zwar „intern“ (Vergleiche der Klimaparameter untereinander, sowie der instrumentellen mit den Proxidaten, physikalische Konsistenz mit den Modellergebnissen) und „extern“ (Konsistenz der GAR-Daten mit globalen Datensätzen)
- · dem „analysis worktask“, der die neuen Datensätze in zahlreichen Erstanalysen der Klimavariabilität in der Untersuchungsregion ausgewertet hat
ERGEBNISSE IM DETAIL Instrumentelle Gruppe (ZAMG-Wien, ISAC-Bologna, UNI-Brera-Milano, CRU-Norwich): Basierend auf und in Zusammenarbeit mit dem FWF-Projekt CLIVALP und anderen nationalen Projekten in der Region wurde die HISTALP-Datenbank geschaffen (Historical instrumental climatological surface time series of the Greater Alpine Region). HISTALP besteht aus:
- · stmod-data: 516 instrumentelle Stationszeitreihen von 7 Klimaparametern (Luftdruck, Temperatur, Niederschlag, Bewölkung, Sonnenscheindauer, relative Feuchte und Dampfdruck). Die Reihen werden als Monatswerte im Originalzustand und im qualitätsverbesserten Zustand bereitgestellt (homogenisiert, Beobachtungslücken ergänzt und Ausreißer korrigiert). Die längsten Zeitreihen beginnen 1760, derzeit sind die Reihen bis 2005-12 aktualisiert.
- · grid-1-data: Instrumentelle Gitterpunktsdaten 1760-2005 von Luftdruck, Temperatur sowie 1800-2005 vom Niederschlag als monatliche Anomalien (zum Mittel des 20.Jahrhunderts) auf einem Gitternetz von 1 Grad geographischer Länge und Breite
- · grid-2 data: 2448 instrumentelle hochaufgelöste (1/6 Grad Länge und Breite) monatliche Felder der Niederschlags (in absoluten Größen in mm/Monat)
- · CRSM-data: „Coarse resolution subregional mean series“ für 10 Hauptklimaregionen des Großraums Alpen, die mit Hilfe von objektiven Regionalisierungsmethoden bestimmt worden sind.
Der neue HISTALP Datensatz wurde bereits innerhalb des Projekts für intensive Untersuchungen genutzt. Hier eine Auswahl von erzielten Ergebnissen:
- · einheitliche Langzeittrends und Variationen der Temperatur in der gesamten Region (weder Berge noch Täler, weder Städter noch ländliche Regionen, weder der mediterrane Bereich, der atlantische oder der kontinentale unterscheiden sich)
- · horizontal signifikant unterschiedliche Langzeittrends beim Niederschlag (sogar gegenläufige Trends im NW gegenüber dem SE der Region) sowie bei der Feuchte und beim Komplex Sonne/Bewölkung
- · vertikal unterschiedliche Langzeittrends beim Sonnenschein sowie beim Luftdruck (letzterer lässt sich zum Berechnen von Temperaturtrends der unteren Troposphäre benutzen und hat eine von der direkten Temperaturmessung unabhängige Bestätigung der Erwärmung des Alpenraums im 20. Jahrhundert erbracht
- · eine etwa doppelt so starker positiver Temperaturtrend des 20.Jahrhunderts in der Region im Vergleich zum globalen Mittel sowie eine (im Frühling und Sommer) ebenfalls sehr warme Periode im frühen 19.Jahrhundert, die aber noch Gegenstand genauerer Untersuchungen ist, da hier ein Gegensatz zu den Baumring-Rekonstruktionen besteht
- · einige physikalisch sinnvolle Konsistenzen zwischen verschiedenen Klimaelementen und auch solche zwischen dem GAR-Klima und globalen Zirkulationsschemata wie räumlichen Luftdruckmustern und Zirkulationsindizes im europäisch-nordatlantischen Sektor, wie auch durch weiter entfernte „Teleconnections“ mit dem pazifischen Raum
Die Arbeiten der instrumentellen Gruppe werden auch nach Beendigung des Projekts weitergeführt. Im Vordergrund steht ein fortgesetztes instrumentelles Klimamonitoring in der Region durch ständige Aktualisierung von HISTALP sowie eine Reihe von Analysen über die Klimavariabilität in der Region.
Baumringgruppe (WSL-Zürich, IHF-Innsbruck, BOKU-Wien, CRU-Norwich): Die Baumringgruppe hat
- · ein dichtes, alpenweites Netz von Baumringdaten gesammelt, ergänzt und aktualisiert. Es enthält mehr als 400 Ringweiten-Chronologien und mehr als 130 Dichtechronologien von sechs Hauptspezies (abies alba, larix decidua, picea abies, pinus cembra, pinus nigra und pinus sylvestris). Alle Datensätze wurden zentral aufbereitet und gespeichert und enthalten die Rohdaten und die entsprechenden Metadaten. Die Standorte überspannen den gesamten Großraum Alpen und beinhalten Proben sowohl von lebenden Bäumen als auch von fossilen Bäumen aus Seen, Gletschermoränen, Mooren als auch erhaltene Hölzer von historischen Gebäuden und von archäologischen Fundstätten (z.B. Salzbergwerken, Goldbergwerken).
- · Rohdaten gesammelt, qualitätsgeprüft und aufbereitet, um schlussendlich zu standardisierten Jahrhunderte- bis zu mehr als einem Jahrtausend langen zusammengesetzten Standorts- und regionalen Chronologien für verschiedene Spezies zu gelangen. Dabei wurden kürzlich entwickelte bzw. verbesserte statistische Methoden verwendet
- · einige 1000 bis 1300 Jahre zurückreichende hochalpine Sommer-Temperaturrekonstruktionen für die (ca. Juni-September) entwickelt, basierend auf Ringdicke und auf Holzdichte, die an den neuen HISTALP Temperaturdatensätzen geeicht wurden. Diese sind aufgrund der in der instrumentellen Periode analysierten großen räumlichen Konsistenz der Temperaturfelder als repräsentativ für den gesamten Alpenraum und seine weitere Umgebung anzusehen
- · analoge subregionale, mehrhundertjährige Niederschlagsrekonstruktionen für einzelne Trockengebiete (z.B. Alpenostrand, aber auch in anderen Gebirgsregionen) durchgeführt
- · die Alpinen Rekonstruktionen kritisch mit frühen instrumentellen Daten aus der Region und mit entsprechenden Rekonstruktionen aus anderen Gebieten der Nordhalbkugel sowie globalen Rekonstruktionen co-analysiert und verglichen
Auch die Arbeiten der Baumringgruppe werden nach Beendigung des Projekts weitergeführt. Zurzeit werden entsprechende weiter zurückreichende Chronologien und Rekonstruktionen entwickelt (2000 Jahre, 3500 Jahre bzw. 9000 Jahre). Zusammen mit der instrumentellen Gruppe werden die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer evt. Korrektur der frühen instrumentellen Temperaturreihen untersucht.
Icecore-Gruppe (IUP-Heidelberg, LSCE-Saclay, GIUZ-Zürich): Die Icecoregruppe hat:
- · zwei neue Isotopendatensätze aus der Gipfelregion des Mont Blanc entwickelt, die bis zum Felsuntergrund reichen und z.T. hohe zeitliche Auflösung bieten, die bis in den subsaisonalen Bereich geht
- · einen neuen Eiskern in der Gipfelregion des Monte Rosa gebohrt und analysiert
- · eine empirische Isotopen-Temperatur-Beziehung abgeleitet, die beim Vergleich mit den theoretischen Erwartungen eine Reihe von neuen Fragen aufgeworfen hat
- · mehrere Langzeit-Simulationen mit dem entwickelten Isotopenmodul durchgeführt, der in das regionale Klimamodell REMO integriert wurde
- · Korrelationen (Temperatur) und Antikorrelationen (Niederschlag) der stabilen Sauerstoffisotopenquotienten (delta18O) mit den gemessenen beiden Hauptklimaparametern an der Oberfläche abgeleitet und quantifiziert – für die Kondensationstemperatur in den Wolken hingegen wurden keine derartigen Zusammenhänge gefunden.
Gletschergruppe (GIUZ-Zürich, ZAMG-Wien): Die Gletschergruppe hat die verstreuten und unvollständigen Messdaten der Gletscherfluktuationen der Alpen signifikant ergänzt. Es wurden:
- · alpenweit historische Längen-, Flächen-, Volums- und Massenbilanzmessdaten gesammelt, qualitätsgetestet und korrigiert und schließlich systematisch nach dem System des World Glacier Monitoring Service (WGMS, betrieben vom Projektpartner GIUZ) aufbereitet und diesem inkorporiert.
- · die Einflüsse des Klimawandels auf die Gletscher der Alpen untersucht und wissenschaftlich abgeschätzt, wobei sowohl historische als auch zukünftige Massenbilanzen und vergletscherte Akkumulationsflächen, basierend auf derzeit aktuellen Klimaszenarien, modelliert wurden.
- · umgekehrt auch die Möglichkeiten untersucht und angewendet, die Gletschervariabilität als integratives Proxi für Temperatur, Strahlung, Schneedecke und atmosphärische Zirkulation zu verwenden
- · schließlich bei zahlreichen Gelegenheiten die Gletscher als anschauliches Demonstrationsobjekt zur Visualisierung des Klimawandels in den Alpen benutzt.
Modellgruppe (GKSS-Geesthacht, ZAMG-Wien): Die Modellgruppe, in erster Linie am GKSS-Institut angesiedelt, hat:
- · mit dem regionalen Klimamodell REMO eine hochaufgelöste (1/6 Grad Länge und Breite) Simulation des Europäischen Klimas für die Periode 1958-2001 durchgeführt
- · diesen neuen REMO Datensatz für Studien über die Konsistenz der regionalen Modellierung mit dem gemessenen Klima des HISTALP Datensatzes genutzt – die besondere Herausforderung dabei bestand in der komplizierten Geländegestaltung der Alpen.
- · Hat damit eine vierdimensionales Modelklima für die Region und darüber hinaus für ganz Europe geschaffen, das sowohl innerhalb des Projekts genutzt wurde als auch für andere und weitere Studien in der Region das bessere physikalische Verständnis von empirischen und statistischen Untersuchungsergebnissen fördern kann
Die gesamte Projektsgruppe arbeitet zurzeit an einer integrativen Co-Analyse des für das vergangene Millennium rekonstruierten Alpenklimas im Europäischen und globalen Kontext. Wie schon für die gesamte Periode der vergangenen drei Jahre typisch, wird dabei erfolgreich die Zusammenarbeit mit einer Reihe von nicht formell ins Projekt eingebundenen externen Partnern gesucht und gefunden. Ohne deren Mitarbeit wäre weder die umfangreiche Datensammlung möglich gewesen, noch hätten eine Reihe bereits erschienener, derzeit in Arbeit befindlicher und hoffentlich auch künftiger Studien und Publikationen durchgeführt werden können.
VERBREITUNG DER ERGEBNISSE Die Projektsergebnisse wurden in 139 Publikationen veröffentlicht, 63 davon in „peer reviewed Journals“. Zusätzlich wurden 6 Dissertationen und 2 Diplomarbeiten angefertigt. Die Abstracts aller dieser Publikationen können auf der Projekt-Website ö eingesehen werden. Die vollen Texte können auf Anfrage als pdf-files als Autorenexemplare vom Passwort geschützten inneren Bereich der Website herunter geladen werden. Die Projektsdaten sind ebenfalls über die Website erhältlich, die meisten instrumentellen Daten ohne Einschränkung, die Proxidaten und die station-mode Zeitreihen mancher Länder nach Anfrage bei den Datenerzeugern. Projektbeginn 03.2003 Projektende 08.2006 Projektpartner Das Projekt wurde durch die ZAMG-Wien koordiniert (Projektleitung R. Böhm, weiters I. Auer, W. Schöner, M. Ungersböck, H. Scheifinger, A. Orlik, A. Jurkovic, S. Debit). Projektpartner waren die folgenden weiteren Institute: Climatic Research Unit (CRU) der University of East Anglia, Norwich, UK (P.D. Jones, K. Briffa, T. Melvin, D. Efthymiadis) GKSS Forschungsinstitut, Geesthacht, D (M. Widmann, J. Jones, B. Müller, K. Prömmel) Institut für Umweltphysik (IUP) der Universität Heidelberg, D (D. Wagenbach, M. Pettinger) ISAC-Institut des CNR – Bologna, It (T. Nanni, M. Brunetti) mit Subkontraktor SMI-Torino (L. Mercalli, D. Cat-Berro) Istituto di Fisica Generale Applicata, Uni-Brera, Milano, It (M. Maugeri, F. Monti, GL. Lentini) Geographisches Institut der Uni-Zürich und WGMS (M. Hölzle, C. Häberli, M. Zemp, F. Paul) LSCE-Institut, Saclay, F (G. Hoffmann) WSL-Institut, Birmensdorf, CH (J. Esper, K. Treydte, U. Büntgen, D. Frank) Institut für Holzforschung, BOKU-Wien (M. Grabner, S. Leal) Dendrochronologie Labor der Uni-Innsbruck (K. Nicolussi) Darüber hinaus nahmen 36 Institute/Personen als „korrespondierende Partner“ auf informeller Basis am Projekt teil.
Quelle: ZAMG
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